Navigation und Service

  1. Startseite
  2. Presse
  3. Reden, Interviews und Gastbeiträge
  4. Rede im Bundestag zur Einbringung des Haushalts des BMJ

DokumenttypDocTypeRede | Datum13. September 2024Rede im Bundestag zur Einbringung des Haushalts des BMJ

Rede von Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz, zur Einbringung des Haushalts des BMJ am 13. September 2024 im Deutschen Bundestag

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und liebe Zuschauer! Wir bereiten uns mit diesem Etatentwurf auf das kommende Jahr 2025 vor. Noch befinden wir uns aber im Jahr 2024, dem Jahr des 75. Geburtstags unseres Grundgesetzes. Ich freue mich, dass die Opposition diese Tatsache mit einem Lächeln aufnimmt; denn ich glaube, auf diese 75 Jahre Grundgesetz kann man stolz sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich bin im Laufe dieses Jahres auf sehr vielen Bürgerveranstaltungen gewesen. Da war - wie auch hier im Hause - eine große Nervosität mit den Händen zu greifen, die es wegen der vielen Herausforderungen gibt, die im Moment gleichzeitig auf die Ordnung des Grundgesetzes einprasseln. Diese 75 Jahre Grundgesetz sind ja keine Geschichte einer Schönwetterverfassung, diese Jahre sind eine Geschichte voller Herausforderungen, voller Krisen wie Energiekrisen, Migrationskrisen, Sicherheitskrisen, Krisen mit Terrorismus. Aber es hat sich immer gezeigt, dass die Ordnung des Grundgesetzes, die liberale Demokratie alle Elemente besitzt, um diese Krisen erfolgreich zu bestehen. Was ich aber erlebt habe, ist: Wenn man mit den Bürgerinnen und Bürgern über diese 75 Jahre spricht, in denen wir es immer wieder geschafft haben, jede Herausforderung zu bestehen, dann entsteht die Zuversicht, dass wir diese Erfolgsgeschichte beliebig lange fortschreiben können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Wir reden hier heute über Geld, zu Recht. Geld ist wichtig; dem will ich keinen Abbruch tun, nicht dass Sie auf falsche Gedanken kommen. Aber noch wichtiger als Geld, sozusagen das noch wichtigere Kapital in unserer liberalen Demokratie, ist, dass seriöse Demokraten immer wieder zum Ausdruck bringen, dass es keine Herausforderung auf der Welt gibt, die wir mit der Ordnung des Grundgesetzes nicht erfolgreich bewältigen können. Ich glaube, das ist das wichtigste Kapital in dieser Zeit. 

Ich betone dies deshalb, weil wir immer wieder zeigen, auch in der Gegenwart, dass wir die Kraft haben, Herausforderungen auch jenseits der Grenze von Mehrheit und Minderheit zu schultern. Ich will daran erinnern, dass wir einen breiten Konsens unter seriösen Demokraten hergestellt haben, um die Regelungen über das Bundesverfassungsgericht in unserer Verfassung auszuweiten und das Bundesverfassungsgericht zu stärken. Damit bringen wir zum Ausdruck, dass dieses Experiment, das es vor 75 Jahren war, erfolgreich war und dass die Regeln, das, was vorher einfachgesetzlich geregelt war, jetzt in die Verfassung gehören. Ich sage das deshalb, weil gestern der Plenumsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht wurde, in dem das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Lösung, die seriöse Demokraten jenseits der Grenze von Mehrheit und Minderheit gemeinsam gefunden haben, tauglich und gut ist. Ich verstehe das als Auftrag, das umzusetzen, und freue mich auf die Zukunft, weil wir in naher Zukunft mit der Umsetzung dieses wichtigen Projekts beginnen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das zeigt übrigens, dass wir diese Methode auch bei anderen großen Herausforderungen nutzen sollten. Ich bin bereit, mich in jedes Format zu setzen und jenseits der Grenze von Mehrheit und Minderheit über jeden Vorschlag zu diskutieren, der im Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellbar ist. Nur eines will ich sagen: Diese Grenze muss gelten. Das Erfolgsmodell unseres Verfassungsstaates ist, dass wir die Menschenwürde, die Grundrechte, das Rechtsstaatsprinzip und auch die Unabhängigkeit und Autorität unserer Gerichte achten. Wir dürfen nicht den Weg des Likud gehen, der Kampagne gegen Gerichte macht und den Rechtsstaat als Problem statt als Lösung darstellt. Auch dafür stehe ich als Bundesminister der Justiz.

Ich will noch rasch einige politische Schwerpunkte nennen, die mir wichtig sind, auch für das kommende Jahr. Wir müssen eine Trendwende bei der Verbürokratisierung unseres Landes hinbekommen. Das ist eine ökonomische Herausforderung, weil die Bürokratisierung mittlerweile so stark ist, dass sie eine neue Form der Besteuerung darstellt. Sie besteuert nicht in Geld, sie besteuert in Brainpower, sie besteuert in Aufmerksamkeit und Kreativität. In einer Volkswirtschaft des Fachkräftemangels muss sich darauf konzentriert werden, wie die Geschäftsmodelle besser digitalisiert werden, wie man KI einsetzt, wie man neues Personal in Zeiten des Fachkräftemangels findet. 

Deshalb bin ich stolz darauf, dass wir in der nächsten Sitzungswoche im Deutschen Bundestag mit dem BEG IV das Meseberger Entbürokratisierungspaket der Vollendung zuführen. Mehr als 3,5 Milliarden Euro Erfüllungsaufwand weniger pro Jahr, das ist ein guter Einstieg. Es wird auch der Gebäudetyp E kommen mit weiteren 2 Milliarden Euro Erfüllungsaufwand pro Jahr weniger. Wir haben den Einstieg geschafft. Es wäre gut, wenn die Europäische Kommission uns helfen würde, weil die Regelungen mit fast 60 Prozent des Erfüllungsaufwands in Deutschland - einige sagen, es sei noch mehr - nicht hier in Berlin gemacht werden, sondern aus Brüssel kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich will einen letzten Gedanken nennen. Wenn wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen wollen, brauchen wir auch eine gut ausgestattete Justiz. Das heißt aber vor allen Dingen: eine digitale Justiz. Wir haben ein Programm aufgelegt, das am Anfang sehr umstritten war, nämlich die Digitalisierungsinitiative. Dazu gab es über Monate hinweg öffentlichen Streit, was das denn solle. Mittlerweile erkennen alle an, dass das ein Erfolgsmodell ist. Wir haben einen Geist der Kooperation zwischen Bund und Ländern, wie es ihn bei der Digitalisierung der Justiz so noch nie gegeben hat. Das ist auch parteiübergreifend anerkannt. Wir haben es in kürzester Zeit geschafft, drei Viertel des projektierten Volumens mit so konkreten Projekten zu unterlegen, dass bereits 150 Millionen Euro der Gesamtsumme von 200 Millionen Euro durch den Haushaltsausschuss freigegeben worden sind. Noch nie gab es ein Investitionsprojekt, das in so kurzer Zeit so schnell in so konkrete Projekte überführt wurde.

Ich glaube, das ist ein Tempo, das wir uns insgesamt bei der Modernisierung des Staates vornehmen sollten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deshalb hoffe ich auf wohlwollende Etatberatungen.

Ich danke Ihnen.

‒ Es gilt das gesprochene Wort! ‒