- Startseite
- Presse
- Reden, Interviews und Gastbeiträge
- Erste Lesung des Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit dem Bundesverfassungsgericht
DokumenttypDocTypeRede | Datum09. November 2023Erste Lesung des Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit dem Bundesverfassungsgericht
Rede von Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz, zur ersten Lesung des Entwurfs eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes – Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs mit dem Bundesverfassungsgericht am 9. November 2023 im Deutschen Bundestag
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauerinnen! Liebe Zuschauer!
6 Stunden und 19 Minuten, so lange hat es damals gedauert. 6 Stunden und 19 Minuten! Das habe ich mir gemerkt; denn 6 Stunden und 19 Minuten lang haben meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versucht, eine Verfassungsbeschwerde, bei der ich Beschwerdeführer war, dem Bundesverfassungsgericht auf dem damals modernsten Wege der Zustellung, die unser Recht zulässt, zuzustellen. Das war das Fax, und das ist es noch bis heute.
Wenn aber aus der ganzen Republik heraus Anwälte und Bürger dem Bundesverfassungsgericht ein Fax schicken wollen, dann brechen die Leitungen auch gerne mal zusammen. Dann bleiben die vielen Seiten auch mal mitten im Fax stecken. Und offen gestanden: Es ist doch aus vielerlei Hinsicht ein Ärgernis, dass dies das modernste Kommunikationsmittel mit unserem höchsten Gericht ist. Das Bundesverfassungsgericht ist ein Bürgergericht. Jedermann hat das Recht, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Und dann müssen wir auch die modernsten Kommunikationsmittel für dieses Bürgergericht nutzen können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir müssen digitaler werden.
Ich finde, es ist auch ein falsches Signal, dass dann, wenn Länder und Bund sich bemühen, die Justiz digitaler zu machen, unser höchstes Gericht nach wie vor nicht mal die Rechtsgrundlagen hat, um selbst digital zuzustellen, und dass auch bei ihm digital zugestellt werden kann. Ich finde, es ist ein falsches Signal, dass wir das noch nicht geändert haben. Und letztendlich ist es auch gut für die Beschäftigten dort; denn mit elektronischen Schriftsätzen kann auch besser und einfacher gearbeitet werden. Ich habe mir deshalb vorgenommen, das zu ändern.
Das muss man natürlich gut vorbereiten; das gebietet auch der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht. Das ist ja nicht irgendein Gericht; das ist ein Verfassungsorgan. Deshalb habe ich schon vor vielen Monaten das Gespräch mit Stephan Harbarth, dem Präsidenten des Gerichts, aufgenommen. Wir haben gemeinsam Wege gefunden, wie wir das gut umsetzen können. Deshalb freue ich mich, dass wir mit diesem Gesetzentwurf jetzt die Vorbereitungen treffen, dass unser Bundesverfassungsgericht an den elektronischen Rechtsverkehr angeschlossen wird.
Wir wählen dafür bewährte Instrumente; es macht ja auch Sinn, dass wir da keine neuen Standards entwickeln. Wir wählen den elektronischen Rechtsverkehr, den es schon für die Zivilgerichtsbarkeit und die Fachgerichte gibt. Und wir tun noch etwas Zweites: Wir führen nämlich nicht nur den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverfassungsgericht ein, sondern wir legen auch die rechtlichen Grundlagen für die Einführung der E-Akte. Und für die Einführung der E-Akte, finde ich, gilt all das, was ich vorhin gesagt habe, ebenso. Auch das Bundesverfassungsgericht muss zeigen, dass Richter heute mit modernen digitalen Tools arbeiten, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch hier gilt: Der Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht gebietet, dass wir keinen Stichtag vorgeben, sondern die entsprechenden Rechtsgrundlagen schaffen. Das Gericht wird selber entscheiden, wann es damit beginnt. Aber ich konnte mich gestern bei meinem Besuch in Karlsruhe davon überzeugen, dass es den Willen und den Wunsch gibt, das bald zu tun. Und deshalb sind die Dinge auch hier abgestimmt.
Wir werden mit diesem Gesetzentwurf auch etwas Drittes angehen, und das ist mir heute, am 9. November, besonders wichtig. Viele Gerichte, viele Ministerien, viele Institutionen unseres Staates haben sich schon ihrer schmerzlichen Vergangenheit gestellt, haben wissenschaftlich erforschen lassen, welche schlimmen Kontinuitäten - personell, aber auch im Denken - es zwischen der Zeit des Nationalsozialismus und der frühen Bundesrepublik gab. Solche Forschungsprojekte sollen jetzt auch für das Bundesverfassungsgericht aufgesetzt werden. Das Bundesverfassungsgericht selber hat uns darum gebeten, dass wir dies durch entsprechende Regelungen für die Einsicht in die Akten des Gerichts rechtlich möglich machen.
Ich glaube, das sind drei gute Punkte, die wir in diesem Gesetzentwurf angehen. Und deshalb werbe ich um wohlwollende Beratung hier im Parlament.
Herzlichen Dank.