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DokumenttypDocTypeRede | Datum07. September 2023Rede zum Einzelplan 07 des Bundeshaushalts
Rede von Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz, zum Einzelplan 07 des Bundeshaushalts im Deutschen Bundestag am 7. September 2023
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, die Sie uns in der Debatte hier folgen!
Das Bundesministerium der Justiz hat eine ganze Reihe rechtlicher Reformen in den letzten Monaten auf den Weg gebracht.
Insbesondere in den sozialen Netzwerken begegnet mir im Zusammenhang damit immer wieder eine Frage. Sie lautet: Ist das eigentlich Ihre einzige Sorge, Herr Minister?
Ich will das klar beantworten - ich habe das letztens wieder gelesen -, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Namensrecht: Natürlich ist das Namensrecht nicht meine einzige Sorge. Aber es betrifft Millionen von Menschen, die sich darauf freuen: die Sorben in Sachsen, die Friesen und die Dänen in Norddeutschland, Stiefkinder, Adoptivkinder, die vielen Paare, die das Augenhöheprinzip ihrer Partnerschaft auch in einem gemeinsamen Namen zum Ausdruck bringen wollen. Wenn man Millionen von Menschen ein Stück mehr Freiheit und Souveränität geben kann, ohne jemand anderem dabei etwas wegzunehmen, dann muss es gar nicht meine größte Sorge sein, um zu sagen: Das ist eine gute Sache; und deshalb machen wir das.
Die Frage begegnet mir natürlich auch bei Reforminitiativen, die wir in der Bundesregierung anschieben, die sehr kleine Gruppen betrifft, und ich will dieser Debatte gar nicht ausweichen. Natürlich geht es beim Selbstbestimmungsgesetz um eine sehr, sehr kleine Gruppe von Menschen. Aber eines muss man ja mal festhalten: Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die Betroffenen, an die wir uns richten, in der Vergangenheit in ihren Grundrechten verletzt worden sind. Deshalb ist Abhilfe nötig, und sie hätte in Wahrheit auch schon in der Vergangenheit geleistet werden sollen.
Man kann über die Frage, wie wir hier Abhilfe schaffen, trefflich diskutieren. Das haben wir auch in der Bundesregierung getan; das wird dieses Haus auch tun. Aber ein Satz, ein Prinzip muss in diesem Haus Konsens sein, nämlich: Jeder einzelne Mensch hat es verdient, dass seine Grundrechte respektiert werden, völlig unabhängig davon, ob er einer großen oder einer kleinen Gruppe angehört, meine Damen und Herren.
Nun kann diese Frage, die mir eben immer wieder gestellt wird - „Ist das Ihre einzige Sorge, Herr Minister?“ -, natürlich auch etwas anderes bedeuten. Es kann natürlich die Sorge sein, dass bei den vielen Reformprojekten, die wir für die großen und die kleinen Sorgen der Menschen, große und kleine Gruppen, auf den Weg bringen, ganz wichtige große Brocken liegen bleiben. Aber auch da kann ich sagen: Wir stellen uns den großen Herausforderungen unserer Zeit. Wir kämpfen für die Bürgerrechte im digitalen Raum und gegen eine Chatkontrolle. Wir legen Vorschläge dafür vor, wie wir auch die verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung beseitigen können.
Erst heute hat das Bundesverwaltungsgericht wieder entschieden, dass die deutsche Rechtslage rechtswidrig ist und dass wir sie korrigieren müssen.
Wir gehen insgesamt das Thema Digitalisierung an. Wir reformieren das materielle Recht. Wir reformieren das Prozessrecht. Selbst das Verfassungsprozessrecht reformieren wir. Es kommt die digitale Verfassungsbeschwerde. Und wir haben einen Großkonflikt mit den Ländern beigelegt, indem wir die Digitalisierungsinitiative auf den Weg gebracht haben, die alle Landesjustizminister, auch die der B-Seite, einhellig unterstützen.
Da bleibt nichts liegen. Wir digitalisieren das Recht in Deutschland, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir stellen uns auch, obwohl wir ein eher kleines Haus sind, einer großen Herkulesaufgabe. Sie trägt einen Namen; das ist die überbordende Bürokratie. Die Verbürokratisierung unseres Landes ist der größte Mühlstein, den es um seinen Hals hängen hat, und deshalb gehen wir das jetzt an.
Übrigens wird mitunter gesagt, es gehe um PR-Gags. Wir haben in einem ersten Schritt in Meseberg federführend durch das Bundesministerium der Justiz, aber auch unterstützt von vielen anderen Ministerien, Maßnahmen vorgelegt, durch die der Erfüllungsaufwand - das ist die Währung, in der die bürokratische Belastung unserer Wirtschaft gemessen wird - um 2,3 Milliarden Euro gesenkt wird. Reicht das? Nein. Aber es ist ein erster Schritt, und dieser erste Schritt ist mehr als doppelt so groß wie die Entlastung durch das bislang größte Entbürokratisierungsgesetz, das es gab, nämlich das Bürokratieentlastungsgesetz III mit einem Volumen von etwa 1 Milliarde Euro.
Und wenn der erste Schritt mehr als doppelt so groß ist wie der bislang größte, dann ist das doch ein hoffnungsvoller Beginn, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und wir machen weiter. Wir hören nicht auf damit; denn das originäre Bundesrecht ist bei der Verbürokratisierung unseres Landes das kleinere Spielfeld. 57 Prozent des Erfüllungsaufwandes stammen aus der Umsetzung europäischen Rechts,
Die auslaufende Amtsperiode der Kommission war eine Verbürokratisierungsperiode. Gemeinsam mit dem Wirtschafts-, Klimaschutz- und auch Europaministerium wollen wir jetzt mit Frankreich eine Initiative starten, um in Zukunft daraus eine Entbürokratisierung auf europäischer Ebene hinzubekommen. Das tut bitter not, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Also, Sie sehen es: Jeder Euro, der im Bundesministerium der Justiz angelegt ist, ist ein gut angelegter Euro. Es bleibt dabei: Niemand gibt so wenig Geld aus, wie wir es tun. Niemand spielt so viel von dem wenigen Geld, das wir ausgeben, auch wieder ein - wir haben eine Eigendeckungsquote von 65 Prozent -, und wir haben es unter den schwierigen Bedingungen der Haushaltskonsolidierung und einer Personalkostenquote von 70 Prozent geschafft, einen Schwerpunkt von 10 Prozent für Ausgaben und Investitionen im Digitalbereich setzen zu können.
Das zeigt: Haushaltskonsolidierung und die richtige Schwerpunktsetzung bei Investitionen gilt im Gesamtbundeshaushalt, und das ist auch im Haushalt des Bundesministeriums der Justiz möglich. Dafür danke ich ganz herzlich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Berichterstattern. Ich hoffe deshalb auf faire, vielleicht sogar wohlwollende Beratungen dieses Einzelplans in diesem Haus.
Ich danke Ihnen.